23. Oktober 2025
Nachdem sich der Neumühler SV mit drei Siegen in Folge aus der sportlichen Krise gekämpft hatte, wartete am achten Spieltag der Kreisliga Schwerin-Nordwestmecklenburg ein echter Gradmesser auf die Rancher. Der Gostorfer SV, Tabellenzweiter und mit dem besten Torschützen der Liga ausgestattet, reiste in den besinnlichen Stadtteil der Landeshauptstadt und wollte mit seiner starken Offensive an das 8:2 anknüpfen, mit dem man zuletzt Boltenhagen aus dem Stadion geschossen hatte. Die Gastgeber konnten dahingegen eine starke Verteidigung aufweisen, die in den letzten drei Spielen nur ein Gegentor hinnehmen musste. Baruschke konnte dafür erneut auf einen breiten Kader zurückgreifen, in dem mit Felix Sperling und Luis Leipold zwei Neuzugänge von der HdBA (Hinein damit, Bier und Alkohol) standen. Letzterer durfte gleich in der Startelf ran, in der es zu einer Rückkehr kam, die sehnsüchtig erwartet wurde wie die Bestellung bei Lieferando: Fabian Bebernitz feierte nach überstandener Langzeitverletzung und insgesamt 18-monatiger Abwesenheit sein Comeback und durfte den linken Flügel beackern. In der Sturmspitze sollte Salchow versuchen, mit den feindlichen Goalgettern mitzuhalten. Bei schönem Sonnenschein pfiff der Unparteiische Ratschat vor 70 Zuschauern die Partie an, welche noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Direkt zu Beginn zeigten die Gäste, dass sie nicht nur gut den Ball ins Tor, sondern auch dem Gegner in die Beine dreschen konnten. Mehrmals traf es Abwehr-Sulkowski fernab des Balles. Ohne großes Gezeter rappelte sich der Abwehrmann aber immer wieder auf und war nicht kleinzukriegen. Beide Teams waren um Spielkontrolle bemüht, was dem NSV besser gelang. Bis zur ersten Chance musste man zwar warten, doch die hatte es dann in sich wie eine Pizza Calzone. Rückkehrer Bebernitz erhielt den Ball und schlenzte ihn von halblinks mit dem schwächeren rechten Fuß unhaltbar ins lange Eck, Seifert flog vergeblich. Nun wurde allen Schwerinern klar, wieso der Torschütze so lange ausgefallen war. In dieser Zeit hatte er anscheinend sein rechtes Bein im Abschluss trainiert, das er sonst nur zum Stehen verwendet. So kam auch die sehr lange Abwesenheit zustande, Schießen war sonst nie sein Steckenpferd gewesen. Diese Führung in Minute 16 fiel etwas aus dem Nichts, war aber nicht unverdient und markierte den Beginn eines selten gesehenen Torreigens. Nur vier Minuten später erhöhte Wunderknabe Dombrowski nach feiner Einzelaktion auf 2:0. Gostorf antwortete mit der ersten eigenen Chance, die aus guter Position aber deutlich verzogen wurde und vielfachem Ball-über-den-Zaun-Bolzen. So mancher Nachbar freute sich an diesem Tag über ein neues Spielgerät für das Kind oder Haustier. In der 27. Minute traf Hoffmann dann zum 3:0. Eine schöne Kombination über rechts endete mit seinem Abschluss, den Seifert noch ablenken konnte. Ein Gostorfer Verteidiger schien aber gelähmt wie ein Reh im Scheinwerferlicht, die Kugel prallte an sein Bein und eumelte von da an den Pfosten und schließlich über die Linie, selbst ein graziler Ballett-Ausfallschritt-Klärungsschwinger konnte nicht mehr helfen. Mancher Heimfan rieb sich ein wenig verwundert die Augen über die gnadenlose Effizienz. Gästetrainer Wendland reagierte bereits nach 31 Minuten mit dem ersten Wechsel, der aber nicht half. Erst traf Dombrowski den Pfosten, kurz darauf zielte er genauer. Sein Doppelhackenpasstrick misslang eigentlich, prallte aber genau zu Hoffmann, der dies zum Doppelpass nutzte. Dombrowski tauchte rechts im Strafraum auf und schweißte die Kugel in die lange Ecke (Ratschat kam vermutlich nicht mit dem Offensivfeuerwerk hinterher und notierte sich einige Torschützen verkehrt, Anm. d. Red.). Erst in der 41. Minute wurde nun Gostorf zum ersten Mal richtig gefährlich, scheiterte aber an Schlussmann Rusch, dem die Fans kurzerhand Doping unterstellten. Anders konnte man sich seine souveräne Leistung nicht erklären. Doch Neumühle ließ sich davon nicht unterkriegen und antwortete mit einem Doppelschlag noch vor der Pause. Erst hämmerte Hoffmann den Ball ungewohnt wuchtig und ungewohnt präzise mit dem ungewohnten linken Fuß ungewohnt hoch unter die Latte. In der Schlussminute erhöhte Bebernitz erneut auf 6:0 und brachte damit die Ranch endgültig zum Beben, als er nach ein wenig Unordnung die Übersicht behielt und lässig einschob. Zwischendurch fiel Abwehrass Grap mal wieder mit einer selbst verschuldeten Bruchlandung auf dem Geläuf auf, als er unter einer Flanke durchtauchte. Spielern, Fans, Tieren und den Anwohnern, die aufgrund des nicht enden wollenden Lärms aus dem Fenster schauten, hing vor Staunen die Kinnlade bis zu Kniekehlen und Kapitän Schröder schien darauf zu warten, dass ihn einer kneifen würde. Dies geschah jedoch nicht (oder passierte erst später beim Duschen?). Während die Gastgeber guter Dinge in die Kabine marschierten, blies Wendland seiner ideenlos und gehemmt auftretenden Truppe gehörig den Marsch. Trotz der sehr hohen Führung fürchteten einige Unterstützer nach dieser einmaligen Halbzeit eine noch einmaligere Aufholjagd des eigentlich so offensivstarken Gegners. Ohne Wechsel ging es weiter in Durchgang zwei. Hier boten sich Gostorf anfänglich einige Abschlusssituationen, die aber ungenau abgeschlossen wurden. Das 7:0-Blitz-K.O. fiel dann in der 56. Minute durch Dombrowski, der in diesem Spiel wie so viele seiner Mitspieler zur absoluten Galaform auflief. Eine rustikale Grätsche übersprang er leichtfüßig, als würde ein Einhorn über einen Ast galoppieren. Es folgte ein kurzes Dribbling und der Schlenzer ins Netz hinein. Nun schien die Führung Baruschke auch sicher genug zu sein, um zu wechseln. Hoffmann und Zengel verließen den Platz, für sie kamen Ludwigs und MV’s bester Kreis-Opa-Liga-Spieler B. Schröder hinein. Eine 6:0-Führung wäre mit diesem auf dem Feld schlicht zu unsicher gewesen. Doch die Sturmläufe der Schweriner wurden hierdurch nicht gebremst. 180 Sekunden später eroberte Dampfwalze Bebernitz links mit Hilfe seines stahlharten Athletenkörpers das Spielgerät, walzte über den Flügel und gab nach innen. Dort hielt Leipold gekonnt den Nagel des kleinen Zehs in die Flanke und verlängerte die Kugel damit im Schneckentempo in die lange Ecke. Seifert, der einem an diesem Tag leidtun konnte, war erneut chancenlos. Nun verflachte die entschiedene Partie doch merklich. Baruschke brachte per Dreifachwechsel Burghardt, Holst und Debütant Sperling für Bebernitz, Grap und Salchow. Mal wieder hatte der Amateurfußball mit dem Bebernitz ihm sein Traumcomeback eine wunderbare Story geschrieben. Sperling holte sich in seiner ersten Aktion gleich die gelbe Karte ab, allgemein war das Zücken des gelben Kartons für Ratschat in den nächsten Minuten die aufwendigste Beschäftigung. Vor den Toren passierte wenig und der Coach der Gäste musste des Feldes verwiesen werden, da er sein Meckern über den Schiedsrichter nicht einstellen konnte. Ein trauriges Highlight gab es noch, als sich ein Spieler des Gostorfer SV schwerer am hinteren Oberschenkel verletzte und schließlich huckepack vom Feld transportiert werden musste. Wir wünschen an dieser Stelle gute Besserung! Auf dem Feld fiel Torjäger Brandt mit einem Freistoß auf, den er wie an der Schnur an die Latte nagelte. Rusch schaute sich die Sache cool an, da hatte er gekonnt per Augenmaß alles richtig eingeschätzt. Als alle im Kopf beim Bier nach dem Abpfiff waren (außer Grap, der hatte sich ein solches Erfrischungsgetränk gleich nach der Auswechslung geholt), fielen doch noch zwei Tore. Brandt drosch einen Freistoß durch die Mauer (was war da denn los!?) am verdutzten Rusch vorbei, der seine Tentakel nicht rechtzeitig sortiert bekam. Ein unnötiger wie bitterer Gegentreffer, zumal der Torschütze vorher den Freistoß schnell ausgeführt hatte und ihn ungefährlich am langen Eck vorbeigeschossen hatte. Da Ratschat aber noch nicht freigegeben hatte, durfte Brandt trotzdem wiederholen und nutzte seine zweite Chance in der 85. Minute. Nur eine Minute später umkurvte er nach einem Steckpass Rusch und vollendete zum Doppelpack. Heikel wurde es ebenfalls, als Sulkowski und Burghardt gleichzeitig aufgrund von Verletzungen den Platz verlassen mussten und keine Wechsel mehr zur Verfügung standen. Glücklicherweise konnte Neumühle das Spiel dann aber mit öölf Spielern beenden, da die Blessuren nicht so schlimm waren. So hatte Physio Lauri auch noch ihren Einsatz. Am Ende stand ein 8:2-Heimsieg des NSV, an den vorher vermutlich die wenigsten geglaubt hatten. Offensiv zeigte man sich kälter als eine Hundeschnauze, defensiv ließ man 85 Minuten so gut wie nichts zu und muss sich eventuell ein wenig über die beiden Gegentreffer ärgern. Doch dies ändert nichts an diesem phänomenalen Spiel, das an diesem Tag auf der Ranch gezeigt wurde. Sollten Forscher jemals Aufzeichnungen über diesen Fußballverein finden, wird in diesen über jenes Spiel berichtet werden, so viel ist sicher. Durch diesen Kantersieg etabliert sich Neumühle in der oberen Tabellenhälfte und überholt dabei die Gäste, auch wenn es nach wie vor eng wie in einer chinesischen U-Bahn zugeht. Platz Neun und Platz Zwei trennen jetzt fünf Punkte, über allem thront die SG Schlagsdorf/Mustin mit bereits neun Punkten Abstand und kann vermutlich jetzt schon für die Kreisoberliga planen. Nach einem Pokalwochenende kommt es in der Liga dann zum Derby in der Landeshauptstadt zwischen dem Neumühler SV und dem Burgsee Verein Schwerin, wenn man am 9. Spieltag auf dem Dreesch gastiert. Der Gegner lauert nach einem geschenkten Sieg durch Nichtantritt des Gegners mit nur einem Zähler weniger in der Tabelle auf Platz 4. Neumühle spielte mit: Rusch – Grap (72. Sperling), Zengel (57. B. Schröder), Sulkowski, C. Schröder (C.) – Schöwe, Dombrowski – Leipold, Hoffmann (57. Ludwigs), Bebernitz (72. Holst) – Salchow (72. Burghardt)